DEUTSCHLAND

Natzweiler Nummer 623
Politischer Häftling

Willi Heimig, 1911 in Eilendorf bei Aachen geboren, tritt als Jugendlicher zuerst dem republikfeindlichen Stahlhelm bei, später wechselt er zur SA und schließlich zur NSDAP und SS. Ab Anfang der 1930er-Jahre beteiligt sich der ungelernte Arbeiter Heimig am florierenden Schmuggel an der belgischen Grenze und wird dabei in eine Falle gelockt und an die Gestapo verraten. Nach mehreren Jahren im Gefängnis wird er als politischer Häftling 1941 zuerst ins KZ Buchenwald eingewiesen, 1942 dann ans KZ Natzweiler überstellt, wo er Kapo wird. In dieser Funktion unterstützt Heimig insbesondere französische NN1-Häftlinge mit Essen und leichterer Arbeit und bringt für sie heimlich Briefe aus dem Lager. Einige Mitgefangene werfen Heimig allerdings auch Misshandlungen vor. 1944 wird Heimig Lagerältester im Außenlager Thil, anschließend in Kochendorf. Seine Mithäftlinge beschreiben ihn als streng aber gerecht. Er weigert sich, kranke Häftlinge zur Arbeit zu schicken, besorgt heimlich Medikamente und verbietet Kapos, Häftlinge zu schlagen. Dafür legt er sich sogar mehrfach mit der SS an. Ende November 1944 wird Heimig aus dem KZ entlassen und mit der Sondereinheit Dirlewanger2 an die Ostfront geschickt. Im Februar 1945 wird er bei Kämpfen schwer verwundet. Gegenüber der Justiz in der Nachkriegszeit setzt sich Heimig sowohl für frühere KZ-Häftlinge als auch für SS-Wachsoldaten und sogar für KZ-Kommandanten ein. Im Natzweiler-Prozess in Rastatt 1947 wird er in zwei Instanzen freigesprochen, das französische Militärtribunal in Metz verurteilt ihn in einem umstrittenen Urteil 1954 in Abwesenheit zum Tode. 1948 tritt Heimig der VVN und KPD bei. Er stirbt 1991 in Kochendorf.

1 Nacht und Nebel (NN). Erlass vom 7. Dezember 1941: Häftlinge, die eine besondere Gefahr für das Reich darstellen, sollen spurlos verschwinden. Sie werden im Konzentrationslager mit großer Härte behandelt.

2Sondereinheit der SS, später der Waffen-SS, benannt nach dem Gründer Oskar Dirlewanger. Zunächst berüchtigt für ihre Mordeinsätze an der Ostfront, rekrutiert die stark geschrumpfte Sondereinheit Dirlewanger ab Herbst 1944 Pseudo-Freiwillige aus den Konzentrationslagern für den Endkampf. Deutsche politische Häftlinge, meist Kommunisten, lassen sich anwerben, um zu überleben – und möglichst bald zur Roten Armee überzulaufen.